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Unser 31. Monat

Der Countdown läuft so langsam. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Zeit nur so vorbei flitzt. An anderen Tagen erscheint mir die verbleibende Zeit bis zum Wiedersehen mit Freunden und Familie in der Heimal noch ewig lang und ich schaue täglich auf meine Countdown-App . Es ist ein auf und ab der Gefühle, des Vermissens, aber auch des Genießens mit lieben Menschen hier vor Ort, die mir zurück in Deutschland ebenso fehlen werden. De facto bleiben uns noch 4 1/2 Monate in Shanghai.

 

Der Februar begann gemütlich mit den Chinese New Year Ferien, die wir völlig unspektakulär daheim verbracht haben. Das Wetter zeigte sich von seiner unangenehmen grau-feucht-kalten Seite und lud nur selten zu einem Ausflug ein. Gegen Ende der Ferien hat die Sonne dann doch mal den Kampf gegen die Wolken gewonnen und so zog ich los durch die Gassen der immer leerer werdenden Altstadt mit all den zugemauerten Fenstern und Türen. Mein Ziel war die kleine Touri-Mall am Yu-Garden, wo ich mir die frisch aufgebauten Tiger-Figuren und Lampions ansehen wollte. Ich war natürlich nicht alleine dort, sondern umgeben von zahllosen chinesischen Familien, die das gleiche Ziel hatten. Es war voll, aber in dem Moment war es voll ok für mich.

Die ersten 15 Tage des chinesischen neuen Jahres hört man eigentlich jeden Tag irgendwelche Böller krachen und das Zünden von Feuerwerk bleibt nicht auf einen einzigen Tag beschränkt. Mir tun dann immer die Tiere so leid, die sich  meist vor Angst irgendwo verkriechen  ...bis auf eine Ausnahme und das ist unser Hund Harry. Nein, Harry ist nicht taub, auch wenn er alt ist. Er hört noch ziemlich gut, aber Feuerwerk oder Böller bringen ihn nicht mal ansatzweise aus der Fassung. Man kann mit ihm sogar am Abend im Compound spazieren gehen, obwohl eine Familie gerade böllert und auch wenn es kracht und blitzt in seiner Nähe, Harry wedelt fröhlich mit dem Schwanz und ist die Ruhe selbst. So einen Hund habe ich noch nie erlebt.

 

Der Gatzinger hat im Februar viel Zeit im Keller mit, zwischen und von seinem Brau-Equipment umgeben verbracht. Drei Biere sind dabei entstanden. Sie mussten gebraut werden, gären, reifen und abgefüllt werden. Mitunter kam er diesen Monat sogar etwas in Stress, die ganzen Arbeitsschritte nebeneinander zu koordinieren.

 

Ansonsten hab ich das unschöne Wetter genutzt um, mich auf den Zahnarztstuhl zu begeben. Das hatte ich tatsächlich etwas länger vor mir hergeschoben und musste endlich in Angriff genommen werden. Mein Vorsatz für das neue Jahr. Es folgen noch 2 weitere Sitzungen und dann sollte es vorerst erledigt sein.

 

Mitte des Monats kam dann ein wettertechnischer Lichtblick. Sonnenschein pur. Luftwerte auch ok. So machte ich mich mit einer ganz lieben Freundin auf nach Nanxiang in den Guyi-Garden. Ein klassischer chinesischer Garten, der an diesem schönen Tag gut besucht war - vor allem von Rentnern. Es war herrlich und hat einfach nur Spaß gemacht. Die ersten Pflaumen und Kirschen blühen und wir hatten unsere Freunde, den älteren Herrschaften bei ihren unzähligen Aktivitäten zuzuschauen. Denn man geht nicht nur in den Park um zu erzählen oder spazieren zu gehen. Nein, es wird gemeinsam TaiChi gemacht, fotografiert und dabei gefachsimpelt, getanzt, gelacht, Karaoke gesungen, Musik gemacht, Fitnessübungen, Kartenspiele, ein Picknick... es herrscht wirklich immer eine ganz besondere Stimmung, wenn man das Gewusel der chinesischen Rentner im Park beobachtet und ich finde es einfach herrlich.

Gegen Ende des Monats wurde das Wetter zunehmend besser und die Tage bereits wieder spürbar länger. Das Licht kehrt zurück, die Sonne scheint, die Bienen machen sich über die ersten Blüten her und das alles tut der Stimmung sehr gut. Wir haben sogar noch einmal angefangen ein paar Reisepläne zu schmieden. Ein gemeinsames Wochenende mit Freunden Anfang April und eine Woche Familienurlaub Ende April. Ich habe zu dem Zeitpunkt wirklich dran geglaubt, dass das klappen könnte, aber da hab ich mal wieder die Rechnung ohne Kollege Omikron und die damit einhergehenden Maßnahmen gemacht. Seit Anfang März befindet sich Shanghai und leider auch unser District im Einflussbereich der nicht enden wollenden Pandemie und damit im Ausnahmezustand. Das geht hier im Land ja meist Hand in Hand. So haben wir zumindest den Gedanken an eine Reise vorerst wieder auf Eis gelegt. Obwohl ich für Ende April noch etwas Hoffnung habe. Doch erst einmal will Omikron wieder in seine Schranken gewiesen werden.

 

Neben den schlechten Corona-News gibt es ja auch noch die viel schrecklicheren News aus Osteuropa, die mich einfach nur den Kopf schütteln lassen. Wie kann ein einziger Irrer mit seiner Machtbesessenheit nur so viel Leid, Angst und Schrecken verbreiten in der heutigen Zeit. Es ist zum Heulen.

 

Passt auf euch auf und bis bald!

die Gatzingerin